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Freiwillige Vereinbarung zum Tüten-Entgelt ab 1. Juli

HDE / BMU: Freiwillige Vereinbarung zum Tüten-Entgelt ab 1. Juli / Einnahmen sollen in Umweltschutz fließen / Naturschützer kritisieren Ausnahmen für Imbissbuden und Bäckereien / „Abgabe auf Papiertüten ausweiten"

Der Verbrauch an Plastiktüten soll in den kommenden zehn Jahren in Deutschland fast halbiert werden. Das ist das Ziel einer freiwilligen Vereinbarung zwischen dem Handelsverband Deutschland (HDE, D-10117 Berlin; www.einzelhandel.de) und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMU, www.bmub.bund.de). Die teilnehmenden Unternehmen sagen darin zu, Kunststofftragetaschen künftig nur noch gegen ein Entgelt abzugeben. Weitere Handelsverbände und Unternehmen haben laut BMU bereits erklärt, sich an der Selbstverpflichtung, die zum 1. Juli 2016 in Kraft tritt, zu beteiligen. Einbezogen sind bei der Selbstverpflichtung des Handels auch Kunststofftüten über 50 Mikrometer Wandstärke, ausgenommen sind sehr leichte Tüten, die zum Beispiel für Obst und Gemüse benutzt werden.

Bereits Anfang März hatten zahlreiche deutsche Einzelhandelsketten auf Initiative des HDE angekündigt, bis spätestens 1. April keine kostenlosen Plastiktüten mehr an ihre Kunden abgeben zu wollen (siehe KIWeb vom 03.03.2016), der offizielle Starttermin der grundsätzlichen Branchenentscheidung wurde dann aber um drei Monate verschoben. Mit dem Ende April erfolgten Schulterschluss mit der Politik verpflichtet sich der deutsche Handel darüber hinaus, jährlich einen unabhängigen Monitoring-Bericht zum Erfolg seiner Maßnahmen vorzulegen. Nach zwei Jahren prüft das Bundesumweltministerium, ob das langfristige Reduktionsziel der EURichtlinie erreicht werden kann. Sollte dies nicht möglich sein, kann das Bundesumweltministerium von der Möglichkeit Gebrauch machen, die Vereinbarung zu kündigen und durch eine ordnungsrechtliche Maßnahme zu ersetzen. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks erklärte dazu, der Verbrauch könne und müsse weiter gesenkt werden. „Spätestens nach zwei Jahren muss gewährleistet sein, dass mindestens 80 Prozent der gehandelten Tüten nur noch gegen ein Entgelt abgegeben werden", so die Ministerin.

Gemäß der EU-Richtlinie, die im Mai 2015 in Kraft getreten ist, muss der Verbrauch der „leichten Kunststofftragetaschen" mit einer Wandstärke bis zu 50 Mikrometer bis Ende 2019 auf höchstens 90 Stück und bis Ende 2025 auf höchstens 40 Stück pro Einwohner und Jahr verringert werden (siehe auch KIWeb vom 30.04.2015). In Deutschland liegt der Verbrauch zurzeit bei 71 Stück pro Person und Jahr.

 

Umweltschützer fordern Bezahlpflicht auch für Papiertüten

Der Deutschen Umwelthilfe (DUH, D-10178 Berlin; www.duh.de) und der Naturschutzorganisation NABU (D-10117 Berlin; www.nabu.de) geht derweil die freiwillige Vereinbarung nicht weit genug. In einem Statement fordert die DUH eine verbindliche bundesweite Plastiktütenabgabe von 22 Cent nach irischem Vorbild. Kritisiert wird neben dem Vorwurf, nur 50 Prozent der in Deutschland in Verkehr gebrachten Plastiktüten würden durch die freiwillige Verpflichtung überhaupt erfasst, auch, dass die Vereinbarung keinen Mindestbetrag für die Tüten vorsehe. Außerdem fehlten Sanktionen, falls sich Händler nicht an die Selbstverpflichtung hielten, und das Entgelt könnte zu niedrig ausfallen, um eine Lenkungsfunktion zu erzielen.

Der NABU begrüßt zwar, dass Plastiktüten künftig nicht mehr kostenfrei über die Ladentheke gehen sollen, moniert aber gleichzeitig, die Vereinbarung bleibe „leider auf halbem Weg stecken". „Zu viele wichtige Branchen sind außen vor. Darunter einige, deren Plastiktüten häufig in der Landschaft und Gewässern landen, wie Imbisse, Bäckereien, Kioske oder Wochenmärkte", so NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Die Folgen zeigten sich heute schon deutlich an Deutschlands Küsten: Der NABU sammele im Rahmen seines Spülsaum-Monitorings auf den Inseln Fehmarn und Rügen zwischen zwei und fünf Plastiktüten auf nur 100 m Küste. Zudem sollten Papiertüten nicht außen vor sein. „Sehr kritisch ist außerdem, dass sich die Vereinbarung auf Plastiktüten beschränkt. Stattdessen hätten alle Einwegtüten, das heißt auch Papiertüten, kostenpflichtig werden sollen“, erklärt die NABU-Expertin für nachhaltigen Konsum, Katharina Istel. Gerade die bei Textilunternehmen beliebten Varianten seien ressourcenintensiver als eine normale Plastiktüte.

Laut Medienberichten beteiligen sich derzeit rund 280 Unternehmen an der freiwilligen Verpflichtung – darunter die großen Lebensmittel- und Kaufhausketten, Discounter, Drogerien, Modehäuser und Baumärkte. Völlig unklar ist jedoch, wie die durch die Entgelte entstehenden Einnahmen künftig genau verwendet werden.

Umweltministerin Hendricks sagte, sie wünsche sich einen Fonds, aus dem Umweltschutzprojekte vor allem gegen Meeresmüll finanziert werden. Der HDE pocht jedoch darauf, dass jedes Unternehmen frei entscheiden könne, wie es das Geld einsetze. Vorerst gibt es offenbar einen Kompromiss auf Vertrauensbasis. Demnach sollen die Einzelhändler mit einem Teil der Einnahmen eigenständig Umweltprojekte unterstützen. Sollte jedoch nicht genug Geld in den Umweltschutz fließen, will die Ministerin in zwei Jahren nachjustieren –- und Spenden „notfalls erzwingen“. (Quelle: Kunststoff Information, kiweb.de)

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